Mannheim, 02. April 2014. (red/ld) Heucheln, querstellen, motzen. Was am Dienstag im Mannheimer Gemeinderat von den Fraktionen der CDU, FDP und der Mannheimer Liste geboten wurde, war alles, aber keine verantwortungsvolle Lokalpolitik.
Die Ausfälle und Attacken haben nur ein Ziel – die potentielle Wählerschaft der egoistischen Wutrentner zu mobilisieren. Gegen die Jugend. Und damit gegen die Zukunft.
Kommentar: Lydia Dartsch
Wir wollen ja BUGA, aber …,
hörte man die Stadträte von Mannheimer Liste und FDP gestern reden, als es darum ging, den nächsten Schritt auf dem Weg zur Bundesgartenschau zu gehen: Die Gründung der Bundesgartenschau 2023 gGmbH, deren Gesellschafter die Stadt Mannheim und die Deutsche Bundesgartenschau-Gesellschaft sind.
Es geht nicht nur um einen großen Garten. Es geht um die Entwicklung von 510 Hektar ehemaliger Militärfläche im Stadtgebiet. Möglicherweise belastet. Meist bereits bebaut und größtenteils ohne Entwicklung unbenutzbar. Wo früher Panzer rollten, sollen in neun Jahren Narzissen blühen und neue Quartiere entstehen. Beides – Konversion und Bundesgartenschau – hat der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen. Zuletzt hatte sich die Bürgerschaft beim Entscheid im September 2013 mehrheitlich dafür ausgesprochen – wenn auch knapp.
Neun Jahre bis 2023 sind eine lange Zeit. Für die Durchführung der Konversion sind diese Jahre allerdings denkbar knapp. Das wissen auch die Mannheimer Liste und die FDP. Trotzdem torpedieren diese Fraktionen die Mehrheitsbeschlüsse und das Mehrheitsvotum der Bürger/innen. Wenn die FDP eine Verschiebung des Schrittes fordert, weil die Straße “Am Aubuckel” noch nicht auf dem Papier asphaltiert ist, ist das angesichts des engen Zeitrahmens ein Nein-Votum. Ebenso, wenn die Mannheimer Liste von einem “Geheimvertrag” und einem “gewillkürten Gesellschaftsvertrag” spricht, der Verwaltung Intransparenz vorwirft und deshalb sechs Aufsichtsratsposten mehr in der BUGA-Gesellschaft fordert.
Wir wollen ja Kultur für alle, aber …,
hieß es von den gleichen zwei Fraktionen und der CDU, als es am Dienstag im Gemeinderat um den Kulturpass ging. Obwohl man für das Nationaltheater in zwei Jahren knapp 70 Millionen Euro abgenickt hatte, sperrte man sich plötzlich gegen 72.000 Euro, die der Verein Kulturparkett angefragt hatte, um Menschen mit weniger Einkommen einen kostenlosen Theaterbesuch zu ermöglichen. Dieses Angebot organisiert der Verein ehrenamtlich. Mit dem Geld sollen ein Laden angemietet und zwei Mitarbeiter für 450 Euro im Monat angestellt werden. “Hauptamtlich” nennen das CDU, FDP und Mannheimer Liste. Das sind zwei Studentenjobs, die benötigt werden, das Angebot aufrecht zu erhalten. 9 Euro die Stunde, knapp über Mindestlohn, bezeichnen die Kultur-für-alle-Verweigerer als “Luxus”-Honorar.
Will man nach der anstehenden Kommunalwahl noch eine Fraktion stellen und hat Angst, dass die Sitze nicht mehr ausreichen? Bei der Mannheimer Liste und der FDP ist das denkbar. Deshalb macht man sich mit der Ablehnung der BUGA für jene 49 Prozent der Bürgerschaft wählbar, die das Projekt beim Bürgerentscheid abgelehnt hatten. Und das Verhalten zum Kulturpass? Angesichts eines Mammut-Haushalts von 1,2 Milliarden Euro – will man da mit 72.000 Euro eine wesentliche Einsparung erzielen? Mit 0,006 Prozent? Oder liegt die Ablehnung daran, dass der Kulturpass ein Projekt des Grünen-Stadtrats Gerhard Fontagnier ist? Zumindest würde das das Verhalten der CDU erklären.
Was will man denn? Will man Stadtentwicklung und Kultur für alle? Warum stellen sich CDU, FDP und Mannheimer Liste quer? Hauptsache meckern als Deckmantel, Politik für die Bürger/innen machen zu wollen?
Welche Bürger sind das? Die 4.000 bis 5.000 Menschen in Mannheim, die einen Kulturpass beantragen können sicher nicht. Ebensowenig die jungen Menschen, die noch in den kommenden Jahrzehnten von den durch die BUGA mitentwickelten Konversionsflächen profitieren werden. Derzeit sieht es viel mehr so aus, als bedienten Mannheimer Liste, FDP und CDU ihre Wählerschaft aus gut verdienenden Rentnern, deren von der Stadt subventionierter Platz im Nationaltheater auch mal frei bleiben kann und die sich mit der Möglichkeit abfinden müssen, dass sie sich das BUGA-Gelände nur noch von unten ansehen können werden.
Anm. d. Red.: In der ersten Fassung war von einer einstimmigen Beschlussfassung für die BUGA die Rede. Das war ein redaktioneller Fehler, den wir korrigiert haben. Wir bitten diesen zu entschuldigen.